Warum Demokratie mathematisch gesehen vor Herausforderungen steht
Die Vorstellung von Demokratie ist einfach nur ein Luftschloss
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Solange die Menschen denken können, ist die Demokratie in den meisten Ländern der Welt die Regierungsform der Wahl. In den USA entspringt das Regierungssystem des Verfassungsentwurfs aus dem späten 18. Jahrhundert. Aber auch wenn die Menschen das nicht hören wollen, echte Demokratie ist tatsächlich unmöglich und kann nicht vollständig rational erreicht werden.
Abgesehen vom menschlichen Wankelmut zeigt die Mathematik, dass das System, das die Demokratie erhält und mit dem die Regierung gewählt wird, voller Fehler steckt. Die Idealvorstellung, die die Menschheit von der Demokratie hat, kann nie eintreten und die Zahlen lügen nicht.
Aber warum ist Demokratie unmöglich? Klicken Sie weiter und finden Sie es heraus.
Ein veraltetes Wahlsystem
Eine der ältesten und einfachsten Wahlmethoden der Welt ist das relative Mehrheitswahlrecht, bei dem sich die Wählenden für einen Kandidaten entscheiden und derjenige mit der höchsten Anzahl an Stimmen gewinnt. Das klingt zwar einfach, das System geht jedoch mit Problemen einher, die die demokratische Gerechtigkeit einschränken.
Geschichtliche Wurzeln
Das System geht bis ins 14. Jahrhundert zurück, wurde im britischen House of Commons verwendet und besteht in 44 Ländern weiterhin. Viele davon sind ehemalige britische Kolonien, darunter die USA, wo es bei den Präsidentschaftswahlen angewandt wird.
Falsch dargestellte Mehrheiten
Das Problem beim relativen Mehrheitswahlrecht ist, dass manchmal der Kandidat gewählt wird, der nicht die meisten Stimmen erhalten hat. Dies trat bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 ein, als Donald Trump gegen Hillary Clinton gewann, obwohl er weniger Stimmen erhalten hatte.
Dominanz zweier Parteien
Das relative Mehrheitswahlrecht bringt die Wählenden dazu strategisch zu wählen, statt sich für ihre wirklich bevorzugte Partei zu entscheiden – ein fehlerhaftes System. Dieser Druck führt letztlich zu einer Machtkonzentration in größeren Parteien und am Ende bleibt ein Zweiparteiensystem übrig.
Duvergers Gesetz
Der Politikwissenschaftler Maurice Duverger beobachtete, dass "Winner take all"-Wahlsysteme, wie das relative Mehrheitswahlsystem, sich zu einem Zweiparteiensystem entwickeln. Es gibt keine echte demokratische Repräsentation, da die Wahlmöglichkeiten der Wählenden eingeschränkt werden und kleinere Parteien noch kleiner werden.
Vorzugswahl
Eine Alternative zu diesem System ist die Vorzugswahl. Anstatt sich für eine Partei zu entscheiden, stimmen die Wählenden nach Präferenz für die Kandidaten. Falls keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht, wird der Kandidat mit den wenigsten Stimmen ausgeschlossen und die Zweitstimmen unter den anderen Parteien aufgeteilt.
Integrierte Stichwahl
Dieses Wahlsystem wird auch als integrierte Stichwahl bezeichnet, bei der Kandidaten nacheinander aufgrund der Präferenzen ausgeschlossen werden, bis einer die Mehrheit erreicht. Dieses System ahmt mehrere Wahlen nach, spart jedoch Zeit und stellt die Präferenzen der Wählenden gerechter dar.
Weniger Feindlichkeit
Bei einer Vorzugswahl meiden die Kandidaten gegenläufige Wahlprogramme. Bei der Bürgermeisterwahl 2013 in Minneapolis beispielsweise blieben die Kandidaten freundlich und respektvoll, da sie sich die Zweit- und Drittpräferenzen der Wähler sichern wollten.
Schwächen
Auch wenn die Vorzugswahl einige Probleme minimiert, ist sie dennoch nicht perfekt. Es gibt Fälle, in denen das schlechte Ergebnis eines Kandidaten ihm paradoxerweise nützt aufgrund der Dynamik der Vorzugsverteilung.
Ein faires Wahlsystem
Der französische Mathematiker Nicolas de Condorcet war ein Vorreiter der Sozialwahltheorie, die versuchte ein Wahlsystem zu erfinden, das die Wünsche der Wählenden genau wiedergibt. Seine Arbeit kam während der Französischen Revolution auf und legte die Grundlage für die Wahltheorie.
Die Borda-Wahl
Zur gleichen Zeit schlug ein weiterer französischer Mathematiker namens Jean-Charles de Borda ein Vorzugswahlsystem vor, das nach den Präferenzen der Wählenden Punkte verteilte. Ein Kandidat, der beispielsweise auf Platz eins eines Wahlzettels steht, bekommt vier Punkte, auf Platz zwei drei Punkte und so weiter.
Kritik
Condorcet kritisierte Bordas Ansatz und merkte an, dass irrelevante Faktoren (wie die Anzahl der Kandidaten) die Ergebnisse unfair beeinflussen könnten.
Eins-gegen-eins
1785 schlug Condorcet ein System vor, bei dem der Gewinner die anderen Kandidaten im direkten Vergleich schlagen muss. Aber anstatt eine übermäßige Anzahl von Wahlen durchzuführen, würden die Wähler einfach ein Vorzugswahlsystem verwenden. Der Gewinner wäre derjenige, der die meisten Stimmen erhält, was eine gerechtere Bewertung darstellt.
Wahlsystem von Llull
Ramon Llull, ein Mönch aus dem 13. Jahrhundert, schlug ein ähnliches Wahlsystem für die Wahl der Kirchenführung vor. Auch wenn seine Idee zu seiner Zeit nicht fruchtete, wurde sie 2001 wiederentdeckt.
Paradoxon
Leider entdeckte Condorcet ein Paradoxon in seinem System, bei dem die Rangfolge der Präferenzen zu einem Zirkelschluss führen kann. Wenn genügend Menschen verschiedene Kandidaten gleich einstufen, würde dies zu einer Pattsituation führen, aus der es keinen klaren Gewinner gibt. Condorcet starb, bevor er das Problem lösen konnte.
Gescheiterte Versuche
In den 150 Jahren nach Condorcets Tod versuchten viele Mathematiker (darunter auch Lewis Carroll, im Bild), ein perfektes Wahlverfahren zu entwickeln. Trotz verschiedener Anpassungen und Vorschläge konnte kein System die Probleme, die Condorcet und Borda erkannt hatten, vollständig lösen.
Unmöglichkeitstheorem
1951 zeigte der amerikanische Ökonom Kenneth Arrow, dass bei drei oder mehr Kandidaten kein Vorzugswahlsystem alle Kriterien der Fairness perfekt erfüllen kann. Das Unmöglichkeitstheorem brachte ihm einen Nobelpreis ein und machte die Grenzen des Vorzugswahlsystems endgültig.
Fünf Bedingungen
Arrow schlug fünf Bedingungen hinsichtlich Wahlsystemen vor: Einstimmigkeit, Nicht-Diktatur, Universalität, schwaches Pareto-Prinzip und Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen. Diese Regeln erschienen ihm grundlegend für ein rationales Wahlsystem und doch bewies er, dass kein Wahlsystem alle Bedingungen gleichzeitig erfüllen kann.
1. Einstimmigkeit
Bei Arrows Kriterien tritt Einstimmigkeit dann ein, wenn das System die kollektive Präferenz widerspiegelt, wenn alle Wählenden einen Kandidaten gegenüber einem anderen bevorzugen.
2. Nicht-Diktatur
Arrows zweite Bedingung, die Nicht-Diktatur, stellt sicher, dass keine einzelne Stimme eines Wählenden das gesamte Ergebnis bestimmen kann. Dieses Prinzip ist für eine Demokratie grundlegend, da die einzelne Stimme einer Person nicht den Ausschlag geben sollte. Sonst wäre es eine Diktatur.
3. Universalität
Die dritte Bedingung, die Universalität, besagt, dass jeder so wählen dürfen sollte, wie er es für richtig hält und die Stimme nicht ignoriert werden darf. Diese Bedingung stellt Inklusion sicher und vermeidet eine willkürliche oder beeinflusste Entscheidungsfindung.
4. Schwaches Pareto-Prinzip
Das Pareto-Prinzip besagt, dass, wenn die Wähler eine Option einer zweiten und die zweite Option einer dritten vorziehen, die erste Option (logischerweise) der dritten vorgezogen werden sollte. Sie stellt die Kandidaten in eine geordnete Hierarchie.
5. Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen
Diese Bedingung besagt, dass das Hinzufügen oder Entfernen von Kandidaten die bestehenden Präferenzen nicht verändern sollte. Falls ein Kandidat einem zweiten vorgezogen wird, sollte die Vorstellung eines neuen Kandidaten die Entscheidung der Wählenden nicht beeinflussen. Diese Bedingung vermeidet, dass Möglichkeiten von außen die bestehende Rangfolge zerstören.
Beweis
Arrows Beweis zeigt, dass ein Vorzugswahlsystem, das seine fünf Bedingungen erfüllt, letztlich auf einen Diktator angewiesen ist, der die Vorzüge auflöst, was den Grundprinzipien einer Demokratie widerspricht. Daher ist ein faires Wahlsystem mit drei oder mehr Kandidaten mathematisch unmöglich.
Entscheidender Wähler
Arrows Theorem zeigt, dass unter seinen fünf Bedingungen jede Person, deren einzige Stimme den siegreichen Kandidaten bestimmt, im Grunde diktatorische Macht ausüben würde.
Zustimmungswahl
Beim alternativen Wahlsystem, der Zustimmungswahl, stimmen alle Wählenden für alle Kandidaten, die ihnen akzeptabel erscheinen. Die Forschung zeigt, dass dies Negativkampagnen mindert und die Gerechtigkeit fördert, da die Wählenden mehrere Kandidaten unterstützen können, ohne befürchten zu müssen, dass ihre Stimme "verschwendet" sein könnte.
Historische Beispiele
Die Zustimmungswahl wurde in der Geschichte zwischen 1294 und 1621 im Vatikan genutzt und wird außerdem zur Wahl des Generalsekretärs der Vereinten Nationen verwendet. Trotz ihrer Wirksamkeit in bestimmten Kontexten wurde das Wahlsystem bei keinen größeren Wahlen bisher eingesetzt.
Unterstützung
Kenneth Arrow war anfangs skeptisch gegenüber Zustimmungswahlsystemen, erkannte jedoch letztlich ihre Vorteile gegenüber Vorzugswahlsystemen an, besonders dabei Diktaturen und Paradoxons zu vermeiden.
Churchills Perspektive
Politisches Engagement ist unglaublich wichtig und eine der wenigen Möglichkeiten, die Welt zu verändern. Wie Winston Churchill einmal sagte: "Die Demokratie ist die schlechteste Regierungsform, abgesehen von allen anderen Formen, die ausprobiert worden sind."
Einzige Möglichkeit
Letztlich ist die Demokratie (mit all ihrer Komplexität und ihren Fehlern) immer noch die beste Möglichkeit, die wir haben. Sie mag eine mathematische Herausforderung sein, aber die Grundsätze der Fairness und der Repräsentation, die sie anstrebt, machen sie zu einem lohnenden Ziel.
Quellen: (Veritasium) (Yale University Press) (Journal of Political Economy) (American Political Science Review) (Britannica)
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Die US-Präsidentschaftswahl aus dem Jahr 2000 zeigte den Spoilereffekt auf, bei der der Kandidat Ralph Nader einer dritten Partei Stimmen von Al Gore "klaute" und somit indirekt George W. Bush zum Sieg verhalf. Das relative Mehrheitswahlrecht beschränkt die Wählenden darin, ihre Präferenz auszudrücken, was die Ergebnisse häufig verzerrt.